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Über Panther und Albatrosse oder: Was Resellertypen mit Tierarten zu tun haben

    (Fank) Die Welt der IT-Partner ist bunt und facettenreich. Am Ende begegnet man aber doch immer wieder den gleichen Partnertypen. Ich finde, dass man die unterschiedlichen Charaktere sehr gut anhand verschiedener Tierarten verdeutlichen kann. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit aber mit umso mehr Anspruch auf Humor folgt hier meine ganz persönliche Partner-Klassifizierung.

    Der Schwarze Panther

    Er kommt seidig glänzend und geschmeidig daher. Er ist sehr selbstsicher und kann es auch sein, denn er ist sehr erfolgreich. Der Panther ist ein eher seltenes Tier, er hat daher nur wenige Geschäftsstellen, die dafür aber in erstklassiger Lage in München, Düsseldorf oder Hamburg zu finden sind. Er legt wert auf eine gute Außenwirkung und ein hochwertiges Ambiente. Seine Fokussierung und seine Professionalität machen ihn zum begehrten Partner. Er hat die Kunden, die jeder Hersteller auf der Akquise-Liste hat. Diese betreut er nicht nur hervorragend, er beschützt sie auch. Wenn ein unerwünschter Hersteller oder fremder Partner in sein Revier eindringen will, fährt er gnadenlos seine Krallen aus – und die sind scharf.

    Der Panther ist schwierig zu erobern. Mit ein paar Cocktails auf der After-Work-Party lässt er sich nicht zur Zusammenarbeit überreden. Er will mit Qualität und Mehrwert überzeugt werden. Wenn man ihn für sich gewonnen hat, kann man sich glücklich schätzen. Allerdings ist der Panther auch in der Haltung sehr anspruchsvoll. Er reagiert schnell mit einem deutlichen Fauchen, wenn man nicht die Qualität liefert, die er erwartet und auch selber bietet.

    Jeder Hersteller braucht einige Panther in seinem Ökosystem. Sie gewinnen und halten die echten Key Accounts, sind loyal, professionell und sie geben einen absolut zuverlässigen Forecast ab. Man muss Zeit und Arbeit in sie investieren, wird aber mit Umsatz und schönen Projekten belohnt.

    Der Elefant

    Der Elefant ist auf jeden Fall ein Schwergewicht in der Branche. Jeder kennt ihn und er ist an jeder Wasserstelle, an der sich Key Accounts laben, zu finden. Somit ist er in den meisten Metropolen Deutschlands vertreten. Er hat viele Mitarbeiter und hat durchaus Mühe seine Herde zu steuern und zu organisieren. Er gehört somit nicht zu den schnellsten und ist deutlich weniger fokussiert als der Panther. Er tendiert schon ein wenig Richtung Bauchladen, hat aber Schwerpunkte.

    Die Qualität variiert je nach Fachgebiet und Abteilung. Das eigene Produkt dort strategisch zu platzieren braucht Zeit. Zu groß ist die Organisation, zu zahlreich sind die Ansprechpartner und Entscheider. Der Elefant ist auch nicht sehr aggressiv, durch seine schlichte Präsenz kommt man einfach oft genug nicht an ihm vorbei. Doch wehe man macht ihm eine seiner Wasserstellen streitig, dann bekommt man die Stoßzähne durchaus zu spüren. Auch wenn man ihn nicht als Partner hat, als Feind will man ihn nicht.

    Bei wenigstens einem Elefanten muss ein Hersteller strategisch platziert sein, um gewisse große Wasserstellen abzudecken. Der Elefant braucht Aufmerksamkeit, er erwartet jemanden, der seine Herde kennt und versteht. Seine Größe und Marktposition muss respektiert werden. Er ist es gewohnt mit großen Zahlen zu arbeiten. Kann man da nicht mitreden, wird man auch nicht ernst genommen und man verschwindet in der Bedeutungslosigkeit der Hersteller-Savanne.

    Der Golden Retriever

    Der Golden Retriever ist die wahrscheinlich angenehmste Erscheinung im Partner-Ökosystem. Er ist in Deutschland recht verbreitet. Man findet in jeder Region mehrere Retriever wobei jeder von ihnen nur eine bis maximal fünf Geschäftsstellen unterhält. Die Personalstärke überschreitet oft nicht die 50er-Marke und bleibt fast immer unter 100. Der Golden Retriever ist ähnlich fokussiert wie der Schwarze Panther, ein Bauchladen ist für ihn nicht effektiv. Die Themen, die er besetzt, beherrscht er und er ist bereit, dafür alle notwendigen Zertifizierungen abzulegen.

    Die Zusammenarbeit kann nur als angenehm bezeichnet werden. Der Golden Retriever zeichnet sich durch ein freundliches Wesen und absolute Treue aus. Wenn man ihn für sich gewinnt, hat man einen Partner für´s Leben. Wenn man ihn nicht schlecht behandelt, bleibt das auch so. Er ist der Partner, mit dem man Pferde stehlen und gemeinsam durch schlechte Zeiten gehen kann. Viele Golden Retriever haben zu ihren Herstellern eine 10- bis 20jährige Geschäftsbeziehung. Niemals würden Sie einen anderen Hersteller anbieten. Und wenn sie es mal tun müssen, sagen sie frühzeitig Bescheid – und fühlen sich schlecht dabei. Über Probleme kann man mit dem Retriever immer reden. Wirklich beißen tut er eigentlich nicht, er kann aber sehr wohl knurren und schnappen wenn man ihn zu sehr ärgert.

    Das alles heißt aber auch, dass man einen Golden Retriever nicht so leicht gewinnen kann. Qualität und Mehrwert allein reichen hier nicht aus. Er bleibt seinem alten Hersteller oft dann noch treu, wenn rationale Argumente eigentlich längst eine Trennung nahelegen. Denn oft hat der Retriever das Produkt schon in Deutschland verkauft, bevor der Hersteller selbst hier überhaupt eine Geschäftsstelle eröffnet hat.

    Ein Partner-Ökosystem funktioniert ohne Retriever nicht. Sie haben die mittelständischen Kunden der Region fest in der Hand. An einem Retriever muss man lange arbeiten, die menschliche Ebene ist wichtig und den ein oder anderen schönen Knochen muss man ihm schon zuwerfen. Erst wenn er Vertrauen gefasst hat, ist er bereit für einen in die Bresche zu springen.

    Die Heuschrecke (im positiven Sinn!)

    Die Heuschrecke findet man einfach überall, ihr Logo wird man noch im entlegensten Winkel in Deutschland finden. Sie fällt über jedes Feld her was irgendwie Nahrung verspricht, spezialisiert ist sie nicht. Wenn sie die Storage- und Server-Konsolidierung nicht gewinnt, bietet sie eben die 500 Toshiba-Notebooks an. Ihre Unmenge an Lokationen und Ansprechpartnern macht sie für Hersteller schwer greifbar. Man wird sie wahrscheinlich nie ganz für sich gewinnen.

    Bei größeren Key Accounts taucht sie an irgendeiner Ecke mit Sicherheit auf und man sollte sich mit ihr anfreunden, das kann für beide Seiten ein Gewinn sein. Wahrscheinlich kann man so auf Dauer mindestens eine Geschäftsstelle oder Region von und mit ihr gemeinsam erschließen, was ganz sicher lukrativ ist. Der absoluten Herstellertreue ist sie aber eher unverdächtig, darauf sollte man sich einstellen.

    Eine enge und „emotionale“ Beziehung zu ihr ist aufgrund der Struktur und Größe eher unwahrscheinlich und wenn, dann eher mit bestimmten Personen, Abteilungen oder vielleicht auch einer Geschäftsstelle denkbar. Jeder Hersteller wird ihr begegnen und es ist absolut sinnvoll, sich auch mit ihr zu beschäftigen und sie zu respektieren.

    Der Albatros

    Nach den ersten Terminen mit dem Albatros glaubt man tatsächlich einen Golden Retriever gefunden zu haben. Die Art ist symphatisch, der Fokus einigermaßen klar und ein Stückchen Pipeline ist vielleicht auch schon erkennbar. Dass die gar nicht so valide ist, weiß man ja noch nicht. Doch spätestens im ersten ernsthafen Projekt wird klar, dass man sich einen Albatros eingefangen hat. Der ist nämlich berühmt für seine spektakulären Bruchlandungen.

    Und so kommt es auch hier. Diese Sorte Partner schwächelt leider gewaltig in den Phasen Bedarfsanalyse und Abschluss. Entweder hört er dem Kunden nicht richtig zu und konfiguriert entsprechenden IT-Unrat oder er ist einfach nicht in der Lage im richtigen Moment die Unterschrift abzuholen. Beides bringt den Hersteller-Vertrieb zur Raserei. Die Projekte münden immer in irgendwelchen Eskalationen, kostenlosen Nachlieferungen und Zoff. Gerade zum Quartalsende wird es explosiv. Dann platzt dem Hersteller-VB der Kragen und er versucht, sich die Unterschrift im letzten Moment selbst oder mit einem anderen Partner zu holen. Die Katastrophe ist vorprogrammiert.

    Dabei ist das wirklich schade, da man rein menschlich mit dem Albatros meist gut auskommt, er ist ein angenehmes Tier. Man kann versuchen, ihm die Landeanflüge in vielen Simulatorstunden beizubringen, muss sich aber darüber im Klaren sein, dass der Albatros bestenfalls ein hüftkranker Golden Retriever wird, der immer mal wieder an der entscheidenden Stelle zusammenklappt. Der Hersteller braucht ihn also nicht unbedingt, aber ganz sicher wird er welche in seiner Partnerlandschaft vorfinden. Wenn man dauerhaft mit ihm arbeiten will, wird man lernen müssen, viel zu verzeihen.

    Das flinke Frettchen

    Früher oder später stolpert man über eins: Das Frettchen. Ein Frettchen besteht meist aus zwei bis vier und selten aus mehr als zehn Mitarbeitern. Es hat auch nur einen einzigen „Bau“ und schwärmt in der Regel nicht mehr als 70 Kilometer weit aus. Das Frettchen ist wuselig. Es hat ständig neue Pläne, Projekte und Ideen, die Gott weiß wie erfolgversprechend sind. Die schreibt es auch gerne in den Business Plan. Seine Nüsschen verdient es aber in der Regel mit einem einzigen Thema, das es auch wirklich gut beherrscht. Von den anderen Ideen hört man nach ein bis zwei Quartalen meist nichts mehr.

    Einen ordentlichen Forecast gibt das Frettchen nicht ab, es hat nämlich Angst festgenagelt zu werden. Es wäre gerne ein Golden Retriever oder ein Schwarzer Panther, doch dazu fehlt ihm irgendwie etwas. Es ist durchaus kompetent und professionell, zumal man davon ausgehen kann, dass der Chef höchstselbst Unix im Schlaf bedienen kann oder HTML-Programmierung sein größtes Hobby ist. So sieht dann meist auch die Webseite aus. Man sollte das Frettchen aber nicht unterschätzen, es kann sehr wertvoll sein. Auf seiner Suche nach Nahrung findet es Projekte, die andere nie gesehen hätten, die zerrt es dann eifrig aus dem Boden hervor und schließt sie auch sauber ab. Die Key Accounts besetzt es nur selten. Nur ab und an und dann fragt man sich, wie das passieren konnte (wahrscheinlich beim Kegeln).

    Um ein Frettchen kommt man früher oder später nicht herum, es ist plötzlich einfach da. Man sollte es auch in seinem Ökosystem belassen, es übernimmt dort durchaus wichtige Aufgaben. Außerdem ist es ein possierliches Tierchen, Streit mit einem Frettchen ist eher selten. Auch in der Haltung ist es genügsam, hier und da ein bisschen Werbekostenzuschuss und ein paar Extrapunkte im nächsten Projekt und das Frettchen wird sich im Hersteller-Wald noch lange wohl fühlen.

    Das Brülläffchen

    Kommen wir nun zum lärmenden Abschluss, dem Brülläffchen. Auch um das kommt man auf Dauer nicht herum. Vom ersten Eindruck und den Eckdaten her bewegt sich das Brülläffchen irgendwo zwischen Golden Retriever und Frettchen. Doch leider wird man recht schnell auf den Boden der Tatsachen geholt. Denn das Brülläffchen zeichnet sich durch zwei Dinge aus: 0% Pipeline und 100% Gebrüll. Es ist also eigentlich nicht zu gebrauchen.

    Das Brülläffchen hat eigentlich immer was zu meckern. Man glaubt lange, dass es auch an einem selbst liegt. Man macht ein Meeting und noch eins und noch eins mit dem Channel Director und man glaubt, es ist danach alles gut. Aber am nächsten Morgen geht das Gebrüll wieder los, man kann machen was man will. Dem Hersteller, mit dem das Brülläffchen aktuell arbeitet, ist es meist vor Jahren irgendwie zugelaufen. Sie sind daher auf seltsame Weise verbunden, auch wenn man spürt, dass auch diese Beziehung nicht wirklich harmonisch ist.

    Das Brülläffchen hat auch Kunden, aber man muss sich einfach davon verabschieden, dass man diese gemeinsam mit ihm für das eigene Produkt erschließen kann. Man wird immer viel Ärger für wenig Geld ernten. Das Brülläffchen ist daher der einzige Partnertyp, mit dem man sich auf Dauer nicht arrangieren kann. Zum Glück ist es in unseren Breiten extrem selten anzutreffen. Man kann nur eins tun: Möglichst schnell identifizieren, dass es sich um eines handelt und ganz schnell weiter seines Weges gehen…

    Der ideale „Partner-Zoo“

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Hersteller in jeder Region ein paar Retriever und Frettchen, sowie zwei bis drei Panther braucht, um den lokalen Markt wirklich zu erschließen. Mindestens einen, besser zwei Elefanten, bei denen er wirklich das strategische Maß der Dinge ist, muss er außerdem haben. Denn nur so wird er bestimmte Kundensegmente für sich gewinnen können.

    Mit der Heuschrecke kann und sollte man in den Regionen arbeiten. Man darf sich aber keine allzu großen Illusionen über ein bis ins letzte Detail geplantes, strategisches Geschäft machen.

    Der Albatros tut mir manchmal fast schon Leid. Man kann es mit ihm versuchen, muss aber sehr aufpassen, dass er bei seinen Bruchlandungen nicht mehr kaputt macht als er Nutzen bringt. Im Zweifelsfall muss man Konsequenzen ziehen, sonst zahlt man kräftig drauf. Beim Brülläffchen erübrigt sich jede Überlegung der Zusammenarbeit. Wenn man die Arbeitszeit stattdessen in einen Panther, Retriever oder Elefanten investiert, gleicht man die „entgangenen Chancen“ locker wieder aus!

     

    Diesen Text hat Frank bereits in seinem persönlichen Blog gepostet. Das Feedback war damals klasse: Alle, die sich in der IT-Branche mit Resellern befassen, erkannten Facetten aus ihrer täglichen Arbeit wieder.  Allen Resellern, Distributoren, Channel-Marketiers und Channel Sales-Mitarbeitern der IT-Branche (und natürlich auch allen anderen) wünschen wir viel Spaß beim Lesen!